EuroComRom – Kompaktkurs |
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Romanische InterkomprehensionDie romanischen Sprachen miteinander in Bezug zu
bringen, war eine historische Aufgabe der Romanistik seit ihren Anfängen
im 19. Jahrhundert. Doch ähnlich wie bei der slawischen Sprachengruppe
lässt sich die romanische Familie auf einen Ursprung zurückverfolgen. Für
die Romania ist dies das Latein, besser gesagt das gesprochene Latein, das
mit dem Wachsen des Imperium Romanum über die Legionen Roms und
ihre angesiedelten Veteranen in zahlreichen Varie-täten in Europa,
Kleinasien und Nordafrika expandierte. Diese Varietäten
des ge-sprochenen Latein ("Vulgärlatein") veränderten
sich kontinuierlich im Kontakt mit den Idiomen der beherrschten
autochthonen Völker und entfernten sich zunehmend voneinander. Man kann
davon ausgehen, dass nach der letzten großen Kolonialisierung Roms,
der Eroberung Dakiens - des heutigen Rumänien - im zweiten Jahrhundert,
das gesprochene Latein zwischen dem Schwarzen Meer und dem
Atlantik von Britannien bis Nordafrika verstanden wurde.
Die protoromanische Phase, der Zeitraum, in dem die einzelnen regional gesproche-nen lateinischen Varietäten an Selbständigkeit und Profil gewannen, ist zwischen dem Ende des Imperium Romanum (5. Jh.) und dem Auftreten der ersten schriftsprachlichen Dokumente (8./9.Jh.) anzusetzen. Interkom-prehension war in dieser Zeit wohl noch möglich, war aber abhängig vom Bildungs-grad. Für den Kenner der lateinischen Schrift-sprache, war diese - ausgehend von der Brückensprache Latein - noch eine Selbst-verständlichkeit. Für das Volk mußte bald die rustica romana lingua in regionalen Varietäten herhalten, in der fortan gepredigt werden durfte. ![]() |
Die
"Panromanität" - die Gesamtheit der konvergenten
Elemente in den romanischen Sprachen - wird mit zunehmender
Selb-ständigkeit der romanischen Sprachen allmählich
durchbrochen durch Divergenz: Die romanischen Sprachen in ihrem
Kontakt mit autochthonen Idiomen und denen neuer Eroberer
entwickeln eigene Profile, ohne die romanischen Grundstrukturen zu
verlieren. Die Interkomprehension nimmt im Laufe der Jahrhunderte in der
mündlichen Kommunikation deutlich ab, ohne zu verschwinden. Der
konservative Charakter der verschiedenen romanischen Schriftsysteme
ermöglicht weiterhin über die geschriebene Sprache interkomprehensive
Transferleistungen, die es zu systematisieren gilt.
Man kann heute davon ausgehen, dass schon allein die Kenntnis einer romanischen Sprache, der sogenannten Brückensprache, die Möglichkeit eröffnet, nach dem Erwerb einiger essentieller Transferbasen, geschriebene Texte in allen übrigen romanischen Sprachen verstehen zu können. Der vorliegende EuroComKompaktkurs will dieses Ziel erreichen. © 2004 Prof. Dr. Horst G. Klein, Sprecher der Forschergruppe EuroCom |