Spracheinstellungen

Das Sprachverhalten einer Sprachgemeinschaft oder einzelner Individuen daraus richtet sich in seiner Einstellung nach Norm und Wertung. In soziolinguistischen Zusammenhängen versteht man dabei unter der Einstellung gegenüber der Norm eine Art Erwartungshaltung gegenüber bestimmten Formen sprachlichen Verhaltens, die in einer gegebenen Kommunikations-situation (partnerorientiert) als angemessen gelten. Wir orientieren uns in unserem Kommunikationsverhalten an konventiona-lisierten Erwartungshaltungen. Normwidrig verhalten wir uns, wenn wir die Konvention nicht respektieren. Unsere Einstellung gegenüber der Norm drückt eine Wertung aus. Wertungen finden aber auch gegenüber dem täglichen Sprachgebrauch und den damit verbundenen Varietäten statt.
In der Beurteilung diglossischer Situationen oder mehrsprachigen Gemeinschaften ist die Spracheinstellung von größter Bedeutung. Spracheinstellungen sind stets von aussersprachlichen Parametern abhängig, die stets genau untersucht werden müssen.

Parameter Sozialschicht

Die Zugehörigkeit zu einer sprachlichen Schicht wurde bereits von der frühen Soziolinguistik als ein wichtiges Beurteilungskriterium für die Spracheinstellung erkannt. In jüngster Zeit sind eine Reihe von interessanten Spezialuntersuchungen im Rahmen der Jugendsprachforschungen und Stadtsprachen-forschung gemacht worden. Die Schwierigkeiten liegen hier vor allem im Zugang zu den Sozialgruppen. Meist handelt es sich um Ergebnisse von sogenannten teilnehmenden Beobachtungen, deren Repräsentativität diskutabel ist.

Parameter Alter

In diesem Zusammenhang sind eine ganze Reihe von jugendsprachlichen Untersuchungen gemacht worden. Der Paramater Alter ist in hohem Masse abhängig vom Bildungsstand und von der Zugehörigkeit zu bestimmten Altersphasen.
 

Parameter Geschlecht

Im Sprachverhalten von Frauen und Männern gibt es eine Reihe von Präferenzen, die der Untersuchung harren. Männer wie Frauen nutzen den ihnen verfügbaren Stimmumfang nicht gleichmässig, sondern wohl einseitig aus, wobei Männerstimmen eher im unteren, Frauenstimmen eher im oberen Teil der ihnen zur Verfügung stehenden Variationsbreite anzusiedeln sind. Auf diese Weise wird eine Polarisierung der sozialen Geschlechter-stereotype erreicht.
Frauen drücken sich oft in gewählteren Formen aus als Männer und vermeiden meist Kraftausdrücke. In der Syntax neigen Frauen zu einem stärker verbal orientierten Satzbau und neigen zu kürzeren Sätzen. In Gesprächen reden Frauen normalerweise länger als Männer. Dies sind nur einige Ergebnisse jüngerer geschlechtsspezifischer Untersuchungen. Im Japanischen geht der Unterschied zwischen einer männlich und einer weiblich determinierten Sprache besonders weit. Alle Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Unterschiede im männlichen und weiblichen Sprachgebrauch nicht biologisch, sondern sozial determiniert sind.

Parameter Gruppe

Gemeinsamkeiten von Gruppen ergeben sich neben dem Parameter Alter/Jugend vor allem durch aussersprachliche Gemeinsamkeiten wie Beruf, Hobby, Sport, gemeinsame Interessen. Diese Gemeinsamkeiten können sprachlich determinierend sein. Ein Beispiel solcher Gruppensprachen ist der stark englisch dominierte Jargon von Computerfreaks. Auch die Spracheinstellung wird hierdurch deutlich markiert.

Parameter Rolle

Rollenkonformes und rollenentferntes Verhalten prägen das Rollenhandeln entscheidend und tragen so zur Spracheinstellung bei. Die Rollendistanz ist ein zusätzliches Mittel, das Rollenhandeln zu interpretieren. Zwischen den Erwartungen, die sich an dem Verhalten eines Rollenträgers orientieren und der Rollenadäquanz oder Rollendistanz desselben können Konflikte auftreten.

Parameter Situation

Dies ist ein sehr umfangreicher Paramter, der in zahlreiche Untereinheiten eingeteilt werden kann. Situationstypen wie familiär, beruflich, öffentlich u.a. üben einen entscheidenden Enfluss auf die Spracheinstellung und die Sprachwahl aus. Das Code-Switching ist ein situativ besonders häufig vorkommendes Phänomen.

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